Wachsamkeit und Achtsamkeit. Literarische Dynamiken von Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung in mittelalterlicher deutschsprachiger Lyrik
Teilprojekt C 01 im SFB 1369 "Vigilanzkulturen: Transformationen. Räume. Techniken"
Leitung
Prof. Dr. Beate Kellner und Prof. Dr. Susanne Reichlin
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
Magdalena Butz, M.A. und Agnes Rugel
Das Teilprojekt geht von der Hypothese aus, dass die volkssprachliche geistliche Literatur die entscheidenden Transformationen der Reue- und Bußkonzepte im 12. und 13. Jahrhundert in spezifischer Weise aufgreift, diskutiert und modifiziert. Dabei fungieren die literarischen Texte nicht nur als Resonanzraum theologischer Lehren, sondern sie gestalten die Praktiken der Introspektion und die Annahmen über die göttliche Beobachtung aktiv mit. Das Erkenntnisinteresse des Teilprojekts richtet sich zum ersten darauf, wie die Aufmerksamkeit des Sünders skaliert und orientiert wird. Zum zweiten soll analysiert werden, wie die lyrischen Texte mit den ihnen eigenen Mitteln den Einzelnen zur beständigen Wachsamkeit motivieren und wie hierbei die Dauer und Intensität der Wachsamkeit gezielt gestaltet und variiert wird. Zum dritten soll die changierende Bewertung von Akten der Wachsamkeit (lästige Pflicht vs. Heilschance) genauer erforscht werden.
Bildnachweis: Oswald von Wolkenstein, Liederhs. B (um 1432), fol. Iv (Detail). – © Universitäts- und Landesbibliothek Tirol. Foto: Watzek